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Anekdoten. Aufgeschrieben von Heiko Roller. Februar 2013
Die vertauschten Schubladen
Theodor Schöpf hatte in der Schubladenwand hinter seiner
Verkaufstheke unzähliges Kleinmaterial, wovon jeweils
ein Exemplar von außen an die Schublade genagelt war.
Für den Betrachter erschien es verwirrend, doch Theodor
wusste genau, wo welches Teil aufbewahrt wurde. Seine Frau
Hermine war da nicht immer ganz so sicher.
Eines Tages verlangte ein Kunde etwas aus jenen besagten Schubladen.
Zielstrebig drehte sich Theodor um – und verharrte regungslos.
Eine gefühlte Ewigkeit suchte er Reihe für Reihe
ab, bis er die richtige Schublade am falschen Platz fand.
Mit den Worten „Hat se´s wieder votauscht!“
wechselte er schließlich zwei Schubladen aus und bediente
die Kundschaft weiter.
Der Preis steht
Die Preispolitik im Hause Schöpf war immer ehrlich. Wenn
auch nicht unbedingt aktuell. Einmal kam es vor, dass Theodor
aus einem Bündel Schaufelstielen ein verstaubtes Exemplar
von ganz hinten herauszog, an dem ein vergilbtes, kaum leserliches
Preisschild hing. Darauf stand in altdeutscher Schrift „1,80
Mark“. Auf den Hinweis des ehrlichen Kunden, dass dieser
Preis wohl ein Versehen sei oder möglicherweise der Schippenstiel
schon etwas länger in der Ecke stehe und deshalb nicht
mehr ganz dem heutigen Preisniveau entspreche, entgegnete
Theodor trocken: „Wenn a Mark 80 druff steht, dann koscht’s
au a Mark 80!“
Tagespreise
Als meine Schwägerin Nachwuchs bekam, besorgte sie sich
bei Schöpf einen Windeleimer. Weil sie ihn so praktisch
fand, wollte sie wenig später einen weiteren für
ihre Freundin kaufen. Da keiner mehr vorrätig war, wurde
kurzerhand einer bestellt. Als sie diesen abholen wollte,
war die Warenlieferung gerade erst gekommen und noch nicht
vollständig ausgepackt. Also ging Hermine mit meiner
Schwägerin ins Büro, wo sie den Eimer im Empfang
nehmen konnte. Als Preis nannte sie nach kurzem Blick auf
den Lieferschein „7 Mark fuffzich“. „Das
kann nicht sein“, entgegnete meine Schwägerin,
„vor zwei Wochen hat er über 10 Mark gekostet.“
– „Und heit koscht er 7 Mark fuffzich!“
Des Päckle darf nie leer
werde
Wir waren gerade dabei, ein Hüttle zu bauen, als uns
eine bestimmte Sorte Schrauben ausging. Die Zeit drängte,
also ging ich schnell zum Schmied Schöpf. Da gerade Kundschaft
im Laden war, stöberte ich selbst im hintersten Ladenbereich
nach meinen Schrauben und wurde wider Erwarten sogar fündig:
ein 2000er-Päckchen Spax 4x40 mit einem Restbestand von
ca. 200 Stück. Ich stellte es auf die Theke und meinte
selbstsicher: „Die nehm’ ich einfach alle mit.“
Darauf Theodor todernst: „Des geht aber net! Mir verkaufe
Schraube einzeln. Wenn jetzt oiner kommt und braucht au no
welche, dann hätt i jo koine mehr!“. Wir einigten
uns dann auf 100 Schrauben, die er akkurat abzählte,
so dass noch ein paar in Reserve blieben.
Das Scharnier
Ein Hobbylandwirt erzählte mir folgende Geschichte:
An seinem uralten Anhänger war ein Scharnier der Ladebordwand
derart zerrostet, dass er ein neues brauchte. Sein Weg führte
ihn zu allen möglichen Landmaschinenhändlern, von
denen ihm keiner das gewünschte Teil mehr liefern konnte.
Es sei einfach zu alt. Nach mehreren Wochen vergeblicher Suche
klagte er sein Leid einem Stammtischbruder. Dieser fragte:
„Warst du denn schon mal beim Schmied Schöpf?“
Mit wenig Hoffnung begab er sich am folgenden Samstag zum
Marktplatz, nannte Theodor sein Anliegen: „Ich suche
ein Scharnier für die Ladebordwand meines Anhängers.“
– „Ja, des hemmer. Brauch’sch a Recht’s
oder a Link’s?“
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